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Schwul

Pride Flagge schwuler Menschen

Als schwul bezeichnen sich Männer, die andere Männer sexuell begehren.

„Schwul“ geht in seiner Bedeutung über „Homosexualität“ hinaus – dieser Begriff bezieht sich ausschließlich auf die praktizierte Sexualität. „Schwul“ umfasst zusätzlich dazu auch Fragen der sozialen, kulturellen und politischen Identität, der Haltung und des Lebensstils; ursprünglich mit einer klaren Abgrenzung von heteronormativen Erwartungen. „Schwul“ ist sowohl empowernde Selbstbezeichnung als auch häufigste Beleidigung auf Schulhöfen. Schwule Männer werden insbesondere aus Frauenfeindlichkeit (Misogynie) abgewertet, da sie sich aus heteronormativer, stereotyper Sicht „feminin“ präsentieren oder penetrieren lassen. Gerade Letzteres stellt einen groben Verstoß gegen Männlichkeitskonzepte dar. Gleichzeitig gibt es in der schwulen Community starke Tendenzen der Hypermaskulinität und toxischen Männlichkeit, die sich in übersteigerter männlichen Selbstdarstellung und der Abwertung „nicht-männlicher“ Körper und „nicht-männlichen“ Verhaltens äußert.

Schwule Männer organisierten sich zum ersten Mal Ende des 19. Jahrhunderts. Mit seinem 1897 gegründeten „Wissenschaftlich Humanitären Komitee“ (WHK) kämpfte der Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld bereits damals dagegen, dass man Homosexualität als Krankheit bezeichnete und kriminalisierte. Für ihn war Homosexualität ein „Stück der Naturordnung“. In der Weimarer Republik blühte eine bunte schwule Subkultur auf und Organisationen wie der „Bund für Menschenrecht“ setzten sich offen für die Akzeptanz und gegen die Homosexuellenverfolgung ein. Der Nationalsozialismus bereitete der frühen Emanzipationsbewegung ein brutales Ende. Erst Anfang der 1970er Jahre formierte sich die Schwulenbewegung neu.

Rosa von Praunheims Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ wurde 1971 emanzipatorischer Wegbereiter der Schwulenrechtsbewegung. Die HIV/AIDS-Krise der 80er/90er Jahre prägte mit ihren bis heute weltweit über 36 Millionen Toten die schwule Community nachhaltig. Das Trauma des Verlustes zahlreicher Weggefährten, von Erinnerung, Strukturen und Kultur ist bis heute nicht aufgearbeitet. Gleichzeitig führte die Krise zu einer bis dahin unerreichten Sichtbarkeit und Politisierung, einer weltweiten Solidarisierungswelle und dem Aufbau neuer Strukturen wie z. B. den AIDS-Hilfen.

Dieser Text ist entnommen aus "Lexikon der kleinen Unterschiede: Begriffe zur sexuellen und geschlechtlichen Identität" im Aktionsplan für Akzeptanz und Gleiche Rechte des Landes Baden-Württemberg.